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Öffentliche Führung
„Baum und Buch (Teil 2)“
Der Herbst beginnt, ach, und in die Strudel mischt sich sein Windesrauschen. (Dakotsu)
In einer uralten Legende der arabischen Wüste erzählt man, Gott erschuf den Menschen aus Lehm. Als er fertig war, entdeckte er, dass er Lehm übrighatte. Und was machte Gott mit dem Lehm? Er bastelt eine Palme und ruft den Menschen zu: Das ist Deine Schwester! Welch eine geniale Geschichte, die in zwei Sätzen das Verhältnis zwischen Mensch und Natur erklärt. Hüte die Bäume wie deine Geschwister (aus: der geheime Bericht über den Dichter Goethe von Rafik Schami).
Bäume sind einerseits ein eigenes vertikales Ökosystem, dass eine kaum bekannte Vielzahl an Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen beherbergt. Bäume leisten für den Menschen unschätzbare Dienste, indem sie Sauerstoff zum Leben produzieren, Staub aus der Luft filtern, vielfältigen medizinischen Nutzen für den Menschen bieten, Holz zum Bauen und für das Handwerk etc. liefern oder Schatten spenden.
Andererseits ist die Natur nicht nur Umwelt, sie ist auch unsere innere Welt. Bäume stehen für Wachstum und Lebenskraft sowie für Stabilität und Widerstandskraft. Die Stärke und Harmonie, die von ihnen ausgehen, waren Anlass für zahlreiche Lieder und Gedichte.
Nachdem im vergangenen Jahr eher klassische Bäume wie die Eiche, die Linde, die Esche oder die Eßkastanie und ihre passenden „literarischen Begleiter“ im Vordergrund der Führung standen, ließen sich 24 Interessierte diesmal zu Exoten und Raritäten begleiten. Die Platane (Platanus x acerifolia) mit ihrer abblätternden Borke wurde literarisch mit Heinz Ehrhardt’s „Die Made“ verbunden. Nach Wissenswertem und Erstaunlichem zu den Mammutbäumen (Urweltmammutbaum, Riesenmammutbaum und Küstenmammutbaum) wurde mit einem der berühmtesten Gedichte deutscher Sprache (Johann Wolfgang Goethes „Kennst Du das Land wo die Zitronen blühn?“) die Bitterorange (Poncirus trifoliata) literarisch „besungen“. Auszüge über eine dramatische Flussfahrt von Alexander von Humboldt aus Daniel Kehlmanns „Die Vermessung der Welt“ ließen die oft abenteuerlichen Wege von Exoten (in diesem Fall die chilenische Araukarie) nach Europa nachvollziehbar werden. Weitere Raritäten in der Gruga wie die Wollemiekiefer (Wollemia nobilis) aus Australien oder der Taschentuchbaum (Davidia involucrata) aus China lagen auf dem Weg, der seinen Abschluss bei der Rarität der Raritäten, der Taiwanie (Taiwania cryptomerioides) fand. Von dieser Pflanze aus den Höhenlagen Taiwans, gibt es lediglich in ganz wenigen Botanischen Gärten Deutschlands Exemplare.
Der Freundeskreis bedankt sich bei allen Teilnehmern für das Interesse und die tollen Rückmeldungen zur Sonntagsführung!
Pflanzenauswahl:
Platanus acerifolia, Sequoiadendron giganteum, Metasequoia glyptostroboides, Sequoia sempervirens, Ponciris trifoliata, Quercus ilex, Wollemia nobilis, Araucaria araucana, Davidia involucrata, Heptacodium miconioides, Taiwania cryptomerioides
Literaturauswahl:
„Die Made“ Heinz Erhardt, „Kennst Du das Land wo die Zitronen blühn?“ Johann Wolfgang von Goethe, „Mein Jahr in der Provence“ Peter Mayle, „Die Vermessung der Welt“ Daniel Kehlmann, „Pinnegars Garten“ Richard Arkell, Vier ausgewählte Haikus zur Jahreszeit Herbst